Ganz schön kompliziert!

Willkommensräume in der Corona-Krise

Die Willkommensräume im Burgenlandzentrum, also vor allem unser „Treffpunkt International“ in Feuerbach, sind seit 13. März, also seit Monaten auf Grund der Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 (Corona-Verordnung – CoronaVO) geschlossen. Dreimal in der Woche waren sie sehr gut besucht, ein lebendiges Kommunikationszentrum vieler Nationalitäten. Essen, Trinken, Deutsch lernen Spielen, bunt das Treiben. Seit der Schließung vermissen viele Besucher den Kontakt, die Unterhaltung auf Deutsch, das Zusammensein mit Freunden und Bekannten. Der Freundeskreis Flüchtlinge Feuerbach macht sich heftig Gedanken, wie der Betrieb jetzt weiterlaufen könnte. Doch das ist nicht ganz einfach.

 

Zuerst einmal wurden eigene Vorschläge diskutiert:

In den insgesamt zur Verfügung stehenden drei Räumen könnte man ja rund 15 Personen aufnehmen (im Untergeschoss dann max. 8 Kinder und Jugendliche + 2 Betreuer). Weichen wir zusätzlich ins Freie aus und nutzen (unter Einhaltung der Hygiene-Vorschriften) die öffentlichen Sitzecken im Innenhof des Burgenlandzentrums, könnten es vielleicht entsprechend mehr sein. Öffnungszeiten 2 Stunden, ab 18 Uhr, also auch dann nach 20.00 Uhr draußen keine Störung mehr. Der Workshop am Sonntag mit Nevanka Dietrich sollte dringend fortgesetzt werden. Einzelberatungen finden im Besprechungsraum auch jetzt weiterhin statt.

Klar war uns auch, dass individuelle Hilfe, z. B. bei den Hausaufgaben, zurzeit bitter nötig ist, und zum Teil auch geleistet wird! Auch in den Unterkünften läuft die Hausaufgabenhilfe mit Unterstützung von Ehrenamtlichen wieder an. Super!

Jetzt aber, das Große Aber!

Die Handlungsempfehlungen (Konzeptentwurf) zur schrittweisen Öffnung der Stuttgarter Willkommensräume von Seiten der Stadt sind relativ streng.

Treffen sind eigentlich nur unter Beachtung bestimmter Regelungen möglich: Hygienemaßnahmen sind in unterschiedlichen Sprachen (deutsch, englisch, arabisch) gut sichtbar am Eingangsbereich anzubringen. Händedesinfektionsmittel sind zu stellen, persönliche Daten sind zu notieren und Erklärungen zu unterzeichnen, Personen, die in den letzten 14 Tagen in Kontakt zu einer mit SARS-CoV-2 infizierten Person standen bzw. die Symptome eines Atemwegsinfekts oder erhöhte Temperatur aufweisen, dürfen natürlich den Willkommensraum nicht betreten. (Daten werden nach Frist gelöscht.) Treffen sind im Voraus bei den Verantwortlichen des Willkommensraumes stets anzumelden, max. fünf Leute pro Raum sind zugelassen. Lüften, Desinfizieren, Reinigungen und Mindestabstand sind sicher sinnvolle, aber schwierig umzusetzende Vorgaben.

 

Die Verantwortlichen der Willkommensräume sind verpflichtet, diese Vorgaben einzuhalten. Anpassungen an die Entwicklungen der Pandemie erfolgen täglich, wöchentlich, sind jederzeit möglich. Vor einer Woche hieß es noch, dass generationsübergreifende Treffen, Tanzen, Sport, Singen, Essen, Trinken, alles nicht gestattet ist.

Also was tun? Die Sache ist kompliziert. Probleme wurden im FFF angesprochen. Auch Bedenken geäußert, wie zum Beispiel, dass eventuell im Untergeschoss nur EIN RAUM zur Verfügung stehen könnte. Weitere Fragen: Wenn die Flüchtlinge aus den engen Unterkünften hier auf andere Flüchtlinge treffen, könnte sich sehr schnell eine Infektion entwickeln. Und WER könnte die ganzen Hygieneregeln überwachen? Junge Menschen können meistens nicht so diszipliniert sein. Kinder müsste man eventuell leider ausschließen. Was sagen die Empowerment-Kräfte, die Mitarbeiter und die freiwilliger Helfer/innen zu der ganzen Angelegenheit? WER trägt die VERANTWORTUNG?

Klar ist alles müsste auf jeden Fall sehr sorgfältig vorbereitet und in einem "Meeting" besprochen werden.

Über den aktuellen (Zwischen)stand der Dinge informierte am 28. Mai ein Schreiben des Trägers „Evangelische Kirchengemeinde Feuerbach“ an die Stadt.

 

„Sehr geehrte Frau Polat,

herzlichen Dank für den von Ihnen vorgeschlagenen Konzeptentwurf zur schrittweisen Öffnung der Willkommensräume in Stuttgart.

Für die Willkommensräume in Feuerbach mit dem Träger Evangelische Kirche Feuerbach möchte ich folgende Anmerkungen machen:

·         Der Träger der Räume und die mit ihm zusammenarbeitenden Gruppen (Freundeskreis Flüchtlinge, AK’s Evangelische Kirche, etc.) hat aufgrund der doch hier vorhandenen hohen Besucherfrequenz einerseits und der zur Verfügung stehenden Anzahl an Mitarbeitern und Ehrenamtlichen andererseits noch erheblichen Diskussionsbedarf, wie eine schrittweise Öffnung der Räume unter den derzeitigen Verhältnissen gelingen könnte.

         Wir als Träger werden daher die Willkommensräume bis auf Weiteres nach den Pfingstferien, mindestens jedoch bis 19.06. für externe Besucher geschlossen halten.

         Da der Kreis, insbesondere unsere ehrenamtlichen Betreuer, nahezu ausschließlich der Corona-Risikogruppe angehört – wir ohne diese Gruppe aber den Betrieb nicht aufrecht erhalten können, – ist es für uns nicht ratsam, mit einer frühzeitigen Öffnung eine Vorreiterrolle einzunehmen. Der Gesundheitsschutz aller und insbesondere dieser Personengruppe steht für uns an erster Stelle.

         Wir werden mit den betreffenden Gruppenleitungen ein Meinungsbild erzeugen, um in angemessener Zeit zu versuchen ein eigenes Konzept auf Basis Ihres Vorschlags zu erarbeiten.

          Hierzu würden wir Sie bitten, uns die in Ihrem Konzept erwähnten Hygienevorschriften in den wichtigsten Sprachen der Geflüchteten zur Verfügung zu stellen.

          Des Weiteren regen wir an, den Personenerfassungsbogen ebenfalls in mehreren Sprachen zur Verfügung zu stellen, ggf. in etwas vereinfachter Form (1 Seite oder tabellarisch?) .

Ich hoffe, Ihnen ein ausreichendes Meinungsbild über die derzeitige Situation in Feuerbach gegeben zu haben und komme wieder auf Sie zu, sobald wir den nächsten Schritt gehen können.

Ich denke, dass bis zu diesem Zeitraum auch mehr Erfahrungen vorliegen, wie die verschiedenen Konzepte der schrittweisen Wiederöffnung von Willkommensräumen oder auch Versammlungsstätten im Allgemeinen in der Praxis greifen.

Mit freundlichen Grüßen
für die Willkommensräume in Stuttgart-Feuerbach

 

Jesko Petersen“

 

Die Perspektive:

Die Stadt teilte dem FFF nun ganz aktuell mit, dass sich jetzt 10 Personen im Raum treffen könnten, natürlich mit Mindestabstand von 1,5 Metern und Einhaltung der Hygienevorschriften.

Auch beim Trinken müssten wir uns an die Vorschriften halten, die für die Gastronomie gelten. Es können also Getränke ausgegeben werden.

Kein Zweifel besteht allerdings, wie die Räume wieder geöffnet werden: Rechtliche Basis ist die Corona-Verordnung, und ohne Hygiene-Konzept geht gar nichts!

Wir hoffen, noch im Juni die Willkommensräume zu öffnen, also frühestens am 19. Juni.

Bleibt alle gesund! (2.6.20 Michael Zeiß)